In letzter Zeit lese ich viel über „Emotionales Essen“ und das Thema spricht mich an.
Oder vielmehr, etwas daran spricht mit mir.
Esse ich auch emotional? Und was bedeutet das dann?
Ist das etwas Gutes oder reißen mich meine Emotionen hin, Dinge zu essen, die ich besser ignorieren sollte? Da ich über den Tag immer zu viel esse und mich auch oft genug ärgere, dass ich die Schokolade wieder nicht liegen lassen konnte, macht es ja Sinn, mal dahinter zu gucken. Und nicht nur bei der Schokolade!
In vielen Blog-Artikeln lese ich, dass emotionales Essen etwas Negatives ist.
Weil es mit Essstörungen verbunden ist. Weil es bedeuten kann, dass wir essen, um Gefühle zu überdecken, die wir lieber nicht fühlen wollen. Weil es wenig damit zu tun hat, welche Nahrung unser Körper eigentlich braucht oder welche Nährstoffe uns körperlich gut tun.
Ich persönlich glaube, dass Essen für uns Menschen IMMER auch emotional ist.
Wenn ich eine Trauma-Schulung beginne und möchte, dass meine Teilnehmenden sich kennenlernen, bitte ich sie, sich gegenseitig diese Frage zu stellen: Was ist euer Lieblingsessen? Ich kann sicher sein, dazu hat jede und jeder eine Idee. Und schon sind alle in einem angeregten und intensiven Austausch. Ganz schnell geht es dann darum, warum wir etwas besonders gerne essen. Woher wir das Gericht kennen. Ob wir es mit unserer Kindheit verbinden.
Schon sind wir mitten bei den Gefühlen!
Das Lieblingsgericht läßt uns Wärme spüren oder Zugehörigkeit. Es erinnert an Sommerurlaube in Italien oder an der Ostsee. Es wurde von unserer Mutter gekocht und ist ein altes Familienrezept … und und und! Das sind also die angenehmen Emotionen, mit denen uns das Essen verbindet.
Essen folgt Bedürfnissen.
Vorrangig einmal dem Bedürfnis, satt zu werden und nicht Hunger zu leiden. Ein elementares und lebenserhaltendes Bedürfnis. Aber Gefühle können in uns auch den Wunsch nach essen wecken, wenn wir gar keinen Hunger haben. Dann ist vielleicht eine ganz andere Sehnsucht im Spiel, wie Maria Sanchez (“Sehnsucht und Hunger”, erschienen bei Envela) schreibt.
Auch unangenehme „negative“ Gefühle machen Sinn.
Essen und Hungergefühle können auch mit unangenehm empfundenen Emotionen verbunden sein. Da stehen ganz vorne die Ängste: Angst, nicht zu genügen, nicht gut genug zu sein, nicht richtig zu sein. Nicht brav zu sein als Kind. „Erst isst du deinen Teller auf, dann darfst du spielen.“ Das hat sicher jedes Kind schon gehört und somit vielleicht die Angst verbunden, bestraft zu werden.
So werden unsere Erfahrungen und Wahrnehmungen rund ums Essen Emotionen, die unbewusst mit Erlebnissen und Verhalten verbunden sind und durch aktuelle Wahrnehmungen immer wiederkehrend getriggert werden.
Mit unseren Erlebnissen speichern wir also Emotionen ab. Sie helfen unserem Gehirn bei der Einordnung von Erinnerungen und prägen so unser tägliches Verhalten, ohne dass es uns bewusst ist.
Ich denke, wenn wir essen, geht es nicht ohne Gefühle.
Denn wir essen mit allen Sinnen: Wir riechen unser Essen und beurteilen, ob es angenehm ist. Wir fühlen unser Essen, wenn wir es mit den Händen zubereiten oder auch, wenn wir uns den Mund verbrennen, weil etwas zu heiß ist. Wir sehen die Farben und bevorzugen vielleicht das Orange der Karotten vor dem Grün der Bohnen. Sieht das Essen zu grau aus, werden wir es nicht anrühren. Wir schmecken, was wir in den Mund nehmen und spüren, ob es bitter oder süß ist – ein wichtiger Indikator, ob etwas vielleicht giftig und nicht essbar ist. All das nehmen wir mit allen Sinnen gleichzeitig wahr. Und wir können es uns bewusst machen, bewusst alle Sinne einsetzen, um das Essen zu genießen oder auch Nahrung abzulehnen. Die Emotionen dahinter sind uns dagegen oft unbewusst und leiten uns trotzdem in unserer Auswahl.
Es macht also Sinn, dahinter zu schauen.
Welche Gefühle bewirken, dass ich gerne esse? Welche machen, dass ich soviel esse? Welche Gefühle treiben mich zu Chips und Schokolade? Welche Gefühle und welche Bedürfnisse dahinter treiben mich an, mein Essen stark zu kontrollieren? Was bewirken Emotionen, wenn ich mein Essverhalten verändern möchte, mich zum Beispiel gesünder ernähren möchte oder Zucker reduzieren möchte?
Was das alles mit mir – oder mit dir – zu tun hat, das möchte ich gerne weiter ergründen.
Emotionen und Essen, wichtig und eigentlich wunderbar – damit zu mehr Leichtigkeit und Fülle zu kommen, ist ein lohnendes Ziel, oder?!
Genieß dein Leben, jeder Tag ist wertvoll!
Herzliche Grüße von Uschi